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Der erste Schnitt: Vom Feld auf den Futtertisch

Der erste Schnitt - vom Feld auf den Futtertisch

Der erste Schnitt: Vom Feld auf den Futtertisch

Die Fütterung einer Milchviehherde ist der Dreh- und Angelpunkt für die Tiergesundheit. Besonders im Sommer wirken sich Fütterungsfehler direkt auf Eutergesundheit, Klauengesundheit oder auch auf die Fruchtbarkeit der Herde negativ aus. Dabei beeinflussen viele unterschiedliche Faktoren die Ergebnisse. Durch die höheren Außentemperaturen und die Arbeitsspitzen stehen die Betriebsleiter und Kuhherden im Sommer vor besonderen Herausforderungen. Wenn dann noch der erste Wechsel auf die neue Grasernte hinzukommt, kann das System ins Straucheln kommen. Im folgenden Artikel wird deshalb auf die wichtigsten Aspekte, die für einen erfolgreichen Start mit dem ersten Grasschnitt notwendig sind, eingegangen.

Es stellen sich in den nächsten Wochen viele Betriebsleiter die Frage, wie sie den neuen ersten Grassilageschnitt am besten in die aktuelle Futtertischration mit hineinnehmen. Dabei zeigt sich in der Praxis, dass die Grundvoraussetzung für die Öffnung des ersten Grasschnitts zunächst die Stabilität der Silage ist. Nacherwärmtes Futter oder Silage aus einem instabilen Silostock führen zu verringerten Futteraufnahmen und gesundheitlichen Problemen bei den Kühen.

Zudem ist es wichtig die Futterumstellung -so kontrolliert wie möglich- in kleinen Schritten vorzunehmen. So lässt sich am besten auf Veränderungen im Stall richtig reagieren. Wenn in der Herde zum Beispiel das Kotbild plötzlich dünner wird und/oder der Harnstoffwert in der Tankmilch absinkt, sollte die Ration kurzfristig angepasst werden, um Pansenfermentationsstörungen entgegenzuwirken. Nicht selten führen u. a. hohe Zuckergehalte in Grassilagen zu Verdauungsstörungen und geringen Harnstoffwerten. Allein die Zugabe von Eiweißfuttermitteln ist dann oft nicht die eine Lösung, weil möglicherweise auch andere Rationseckparameter unausgewogen sind. Es könnte die Faserversorgung zu gering ausfallen oder Futterselektion spielt durch den Futterwechsel wieder eine größere Rolle.

Der Wechsel auf den ersten Schnitt

Bei der Umstellung auf den ersten Grasschnitt ist es sinnvoll täglich die TS-Gehalte sowohl in den Einzelsilagen als auch in der TMR am Futtertisch zu überprüfen, damit nicht mit falsch kalkulierten Frischfuttermengen gerechnet wird. Auf einigen Betrieben ist es üblich die Futterproben von der neuen Silage bereits im Vorfeld der Verfütterung zu ziehen. In der Praxis versenden jedoch auch viele Betriebe lieber eine Probe aus dem Anschnitt, wenn sie weit genug im Silostock drin sind. Das spätere Ziehen der Probe setzt ein lückenloses Fütterungscontrolling während der Futterumstellung voraus. Zudem kann von Frischgrasproben zum Erntezeitpunkt an dieser Stelle profitiert werden.

Erster Schnitt
Wie gelingt der Wechsel auf den ersten Schnitt?

Die wichtigste Tiergruppe beachten

Auf jedem Milchviehbetrieb entscheidet die Trockensteherfütterung über den Start der Kühe in die Laktation. Wenn die Trockensteherfütterung rund läuft, steigt die Einsatzleistung dadurch bei den abgekalbten Tieren in den ersten 40 Melktagen deutlich an. Startet ein Tier mit 1 Milchkilogramm mehr Einsatzleistung aufgrund einer ausgewogenen Fütterung in der Trockenstehphase, so wirkt sich das direkt positiv auf die Milchmenge in der gesamten Laktation aus. 1 Mkg bedeuten hier ca. 250 Mkg auf die Gesamtlaktation, bei ähnlichen Kostenstrukturen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Kühe gesund und fit starten. Deshalb ist die Tiergruppe der Trockensteher die „wichtigste“ Tiergruppe auf dem Betrieb. In der Trockensteherfütterung sollten aus unserer Sicht deshalb neue Grassilagen nie ohne Futteranalyse (DCAB Werte inkl.) und Rationsberechnung eingesetzt werden. Weshalb es im betrieblichen Alltag sinnvoll sein kann, die melkenden Kühe bei Bedarf bereits vor den Trockenstehern auf die neue Silage umzustellen. Sobald die Futteranalysen der neuen Grassilage vorliegen, kann die Rationsberechnung neu erstellt werden. Dabei sollten die Erfolgsparameter aus der Vorgängerration der Orientierung dienen. Beim Wechsel auf die neue Silage ist es gerade bei den Trockenstehern wichtig, die täglichen Trockenmasseaufnahmen zu messen, um etwaige Problemanbahnungen bereits im Keim zu ersticken. Mit dem richtigen Trockensteherkonzept sollten die Kühe in den letzten 14 Tagen vor der Kalbung mind. 15 kg Trockenmasseaufnahme schaffen und dabei weder zu- noch abnehmen.

» Der Futtertisch ist der Teller der Kuh. «

Anpassungen der Kraftfutterkomponenten

Wenn die vorhandenen Kraftfutterkomponenten nach dem Futterwechsel in der melkenden Ration angepasst werden sollen, weil zum Beispiel der Harnstoffwert in der Tankmilch zu hoch liegt, empfiehlt es sich, die Rationsanpassung ebenfalls in kleinen Schritten durchzuführen. Es gibt Herden, die werden so konstant gefüttert, dass sich bereits Veränderungen von 150g in der Trockenmasse auf die Kühe erkennbar auswirken (meistens zuerst über die Kotkonsistenz sichtbar).

Wird mit Kraftfutterstationen gearbeitet, sollten diese regelmäßig kalibriert werden. Da unterschiedliche Mischfutter auch unterschiedliche Dichten haben, ist eine Eichung der Kraftfutterstation nach Erhalt einer neuen Kraftfutter-Sorte unerlässlich. Die Alarm-Listen müssen regelmäßig ausgewertet werden, um gesundheitliche Probleme rechtzeitig zu erkennen.

Fütterungscontrolling

Ein Controlling der Fütterung ermöglicht es einem Milchviehbetrieb Schwachstellen der Ration möglichst schnell aufzudecken. Weil man anhand der erfassten Kennzahlen direkt sieht, wenn die Erfolgskennzahlen sich verschlechtern. So lassen sich „Fütterungsevents“ vermeiden oder auf wenige Tage begrenzen. Gerade im Hochleistungsbereich führen wenige Tage Fütterungsevents nicht selten zu Herausforderungen für mehrere Wochen. Fütterungsevents in leistungsfähigen Herden bedeuten für den Betrieb ein auf der Stelle treten. Die Herde steigert zwar ihre Leistung, aber nur mit einer verschlechterten Tiergesundheit. Oder die Herde entwickelt sich bereits seit ein bis zwei Jahren nicht wirklich weiter, weil sie durch Fütterungsevents – und dazu gehört auch eine unkorrekt durchgeführte Futterumstellung auf den ersten Grasschnitt – immer wieder zurückgeworfen wird. Das kostet das Team viel Zeit und Nerven. Außerdem auch Geld. Deshalb sollte man als Betriebsleiter oder Herdenmanager die Herde genau im Auge behalten – gerade während der Futterumstellung- und seinem „Kuhauge“ trauen. Denn es gilt: #kuehehabenimmerrecht. Wird das Kotbild heterogen? Fressen die Kühe schlechter? Können sie am Futtertisch ihr Futter selektieren? Verändern sich die Milchinhaltsstoffe am Tank? Verringert sich die Milchmenge? Das sind die Fragen, die man sich täglich stellen muss, wenn eine neue Silage angebrochen wird, ein Futterwechsel vollzogen wird.

Ein gutes Fütterungscontrolling zielt darauf ab, alle Schwachstellen direkt aufzudecken und nicht erst zu reagieren, wenn die Kühe bereits zwei Kilogramm Trockenmasseaufnahme am Futtertisch verloren haben und die Milchmenge beginnt zu sinken. Denn dann dauert es Tage bis Wochen, um die Herde wieder auf die richtige Spur zu bringen. Probleme mit Verdauungsstörungen und Eutergesundheitsprobleme sind dann bereits mit einzukalkulieren. Gerade in Phasen einer Futterumstellung ist ein gutes Fütterungscontrolling deshalb für ehrgeizige Betriebe unabdingbar.

Kühe sind „Hochleistungssportler“

Nur durch sachgerechte Futterwechsel und leistungsgerechte Rationen haben Kühe die Möglichkeit zum gesunden „Hochleistungssportler“ zu werden. Deshalb sind sie auf eine konstante Fütterung zur jeweils gleichen Tageszeit angewiesen. Zudem darf die Ration sich nicht sortieren lassen, weil nur homogene Mischrationen am Futtertisch die maximale Mikroebeneffizienz im Pansen ermöglichen.

Durch die regelmäßige Messung der Trockenmasseaufnahme und die Auswertung der Selektionsmöglichkeiten am Futtertisch durch den Einsatz einer Schüttelbox, lässt sich schnell feststellen, ob die neue Silage von den Kühen gut und gleichmäßig gefressen wird. Das Kotbild, die Tankdaten und die LKV-Daten liefern neben dem optischen Bild der Kühe weitere Informationen zu der neuen Silage. Diese Daten spielen eine wichtige Rolle, denn Papier allein ist geduldig und allein eine Futteranalyse reicht nicht aus, um abschätzen zu können, ob die Fütterung für die Kühe und ihr aktuelles Leistungsniveau passt.

Während der Futterumstellung sollte natürlich auch die Futterhygiene am Futtertisch beachtet werden, denn der Futtertisch ist der „Teller der Kuh“. Kühen dürfen nur einwandfreie Futterqualitäten vorgelegt werden. Dazu gehört natürlich auch die tägliche Entfernung des Restfutters genauso wie die etwaige Stabilisierung der Ration bei Stabilitätsproblemen. Diese können entgegen der landläufigen Meinung – bereits bei relativ geringen Außentemperaturen von 15 Grad ein Problem sein, weshalb auch hierzu anhand der Fütterungsdaten die Kühe immer wieder „befragt“ werden sollten.

Das Füttern: Eine One-Man-Show

Auf Milchviehbetrieben hat im besten Fall eine Person die Verantwortung für die Fütterung und für das Controlling. Das kann zum Beispiel der Futtermeister oder der Herdenmanager sein.

Jegliche Fütterungsfehler und dazu gehören auch zu schnelle Futterwechsel, wirken sich immer direkt auf die Herde aus. Schwankende Milchmengen am Tank von über zwei Prozent sind ein Hinweis auf Unstimmigkeiten im Fütterungsprozess. Auch Abweichungen in den Milchinhaltsstoffen sind Anzeiger für eine fehlende Kontinuität in der Fütterung. Dabei reagieren der Fett– und Eiweißgehalt deutlich langsamer als der Harnstoffwert (u. a. durch höhere Grassilageanteile) oder die Zellzahl (u. a. durch Schimmelbildung im Silostock). Füttern unterschiedliche Personen im Wechsel, fehlt oft Effizienz im Pansen. Er läuft nicht vollständig „rund“. Das liegt daran, dass jeder Mensch anders ist und jeder Mensch anders füttert. Unterschiedlich tief mit der Fräse in den Silostock reinfahren gehört genauso dazu wie verschiedene Zwischenmischzeiten während des Beladens. Füttern mehrere Personen oder füttert zwar immer dieselbe Person, aber stets ungenau, so fällt diese fehlende Effizienz im laufenden Betrieb nicht auf. Es tritt bei den Kühen ein Gewöhnungseffekt ein. Die Herde bleibt jedoch hinter ihrem möglichen Leistungspotenzial zurück.

Wird das Füttern auf einem Betrieb als One-Man-Show organisiert, lässt sich bei guter Schulung die maximale Effizienz im Fütterungsprozess erzielen. Das Ergebnis sind vor allem gesunde Kühe, aber auch motivierte Mitarbeiter und deutlich geringere Futter- und Tierarztkosten.

» Die Auswirkungen von Hitzestress kosten einen Milchviehbetrieb schnell mehr als 10.000 € bei einer 100er Kuhherde. «

Hitzestress

Auch Faktoren aus dem Außen spielen beim Futterwechsel eine Rolle. Das sind im Frühjahr und Sommer besonders die Außentemperaturen und das Wetter, das uns oft fordert. Da moderne Milchkühe in Leistung ihre „Wohlfühltemperatur“ zwischen 0° und 15° Grad haben, stehen viele Betriebsleiter bereits ab dem Frühjahr vor der Herausforderung, den Hitzestress durch Lüftung und Ventilation für die Kühe so gering wie möglich zu halten. Und jeder Milchviehhalter stellt sich jedes Jahr erneut die Frage, wie gehe ich am besten mit der Situation um. Denn jeder, der Kühe kennt und sich mit seinen Daten aus der MLP und Co. auseinander setzt, weiß, dass die negativen Auswirkungen von Hitzestress auf die Tiergesundheit der Kühe enorm sein können. Je nach Dauer der Hitzeperiode und je nach Stalltyp, hält der Stall und die Herde unterschiedlich lange durch.

Am Beginn einer neuen Hitzeperiode hat der Betriebsleiter noch den Eindruck, man kommt mit einem „blauen Auge“ davon. Doch nach einigen Tagen sinkt die Futteraufnahme wesentlich und auch wenn in dem Moment die Milchmenge „erfreulicherweise“ nicht proportional mit sinkt, so hofft man doch, sie würde es tun. Sinkt die
Milchmenge in solchen Momenten nicht, geht es zu Lasten der Tiergesundheit und die Rechnung kommt zeitversetzt in Form von tiergesundheitlichen Problemen. Hitzestressperioden führen schnell zu hohen Unkosten und vor allem zu weniger Motivation und Spaß an der Arbeit. Denn niemand geht gerne in den Stall, wenn er weiß, dass aktuell zu viele Kühe Probleme mit der Verdauung haben, oder zeitversetzt lahm sind und die Tiere schlechter tragend werden. Die Erinnerungen an den letzten Herbst sind möglicherweise noch sehr präsent.

„Break-Down-Phase“

Die Auswirkungen von Hitzestress kosten einen Milchviehbetrieb schnell mehr als 10.000 € bei einer 100er Kuhherde. Aus diesem Grund ist es wichtig, so viele Stressoren wie möglich im Sommer auszustellen. Z.B. durch so wenig Futterwechsel wie möglich und durch so viel Zeit wie möglich im Stall bei den Kühen.

Da die „Break-Down-Phase“ eines Stalls bei jedem Betrieb anders ist, sollte zudem in jedem Jahr neu anhand der aktuellen Zahlen evaluiert werden, wo der Betrieb derzeit steht und welche Stellschrauben noch optimiert werden können.

Ein einfaches Beispiel: Der Kuhstall ist bereits 30 Jahre alt und die Wände sind geschlossen, er beinhaltet nur wenig Durchlüftung und keinerlei Ventilation. In einer Hitzewelle reagieren die Tiere bereits nach nur wenigen Tagen auf den Hitzestress. Im Vergleich dazu kann ein Stall, der offen ist und gleichzeitig über eine Ventilation verfügt, die Kühe manchmal bis zu 10-14 Tagen auf einem guten Niveau halten, ohne nennenswerte Einbrüche in der Trockenmasseaufnahme und/oder im Tiergesundheitsbereich. Dabei sollten die Einsatzleistungen inkl. der Färseneinsatzleistungen in die Betrachtung unbedingt mit einbezogen werden. Nicht selten hat ein Betrieb zwar viel Ventilation bei den melkenden Tieren in den letzten Jahren nachgerüstet, aber die Trockensteher und Abkalber wurden „vergessen“. Das wirkt sich nachweislich negativ auf die Einsatzleistungen aus und kostet den Betrieb somit Geld (in Form von fehlender Einsatzleistung) und Zeit, weil die Tiere nicht so erfolgreich starten und Unterstützung benötigen.

Das Ziel sollte deshalb unbedingt sein, die „Break Down-Phase“ möglichst lange hinaus zu zögen und auch bei sommerlichen Temperaturen gesunde, fitte Kühe zu melken.

Fazit

Betriebe steuern über ihre Fütterung aktiv mit, wie gesund ihre Herde ist und wie sie mit Futterwechseln zurechtkommt. Schlecht umgesetzte oder ungeplante Futterwechsel kosten die Milchviehbetriebe deshalb Zeit und Geld. Eine tiergesunde und fachgerechte Fütterung ist für erfolgreiche Betriebe auch bei Zeitmangel, Erntestress und allgemeiner Feldarbeit deshalb Prio 1.

Eine Futtertischration zeigt ihr vollständiges Potenzial erst, wenn sie 3-5 Monate lang durchgängig an die Kühe verfüttert wird. Auf Betrieben mit einer konstanten Fütterung trifft der alte Spruch „Pansenmikroben benötigen drei bis vier Wochen, um sich an neues Futter zu gewöhnen“ nicht (mehr) zu – dafür sind die Leistungen der Herden zu hoch. Nach wenigen Wochen lassen sich zwar nach einem Futterwechsel keine Verdauungsstörungen oder schwankende Milchinhaltsstoffe mehr feststellen. Die maximale Milchmenge ermelkt eine Ration jedoch nach drei bis vier Wochen selten. Futterwechsel sollten mit einem engmaschigen Controlling durchgeführt werden und im Vorfeld geplant werden. Nur so bleibt die Herde fit, gesund und leistungsfähig.

Artikel aus der Milchpraxis 3/2025  (59 Jg.)

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