Digitale Mentoren für gesunde Kühe
Eine gute Fütterung ist der Schlüssel für Erfolg oder Misserfolg in den Kuhställen. Es ist eine komplexe Materie, die den Landwirten viel abverlangt. Die Beratungsfirma Denise Völker hat in Zeiten tiefgreifender Veränderungen ein Kommunikationsmodell kreiert, das Wissen direkt in die Kuhställe transferiert und die Milchviehhalter zu unabhängigen Fütterungsexperten ausbildet.
Nach heftigem Regenschauer strahlt wärmende Novembersonne in den weiten Kuhstall. Willem pest mit seinem Traktor über den Futtertisch. Der Zweijährige ist wie sein älterer Bruder fast jeden Tag auf dem Hof seiner Eltern Steffen und Finja unterwegs, die im mittelholsteinischen Gönnebek mit ihrem Mitarbeiter Marco Jürgens einen Milchviehbetrieb mit fast 200 Kühen bewirtschaften. Das Paar hat den elterlichen Betrieb vor fünf Jahren übernommen. Sie verkörpern eine neue Generation von Milchviehhaltern: offen für neue Ideen und Konzepte, straff kalkulierend und pragmatisch im Management.
In ihrem offenen und ruhigen Laufstall ist vor drei Jahren der erste Melkroboter eingezogen, mittlerweile sind zwei weitere Melkroboter hinzugekommen. „Früher haben wir sieben Stunden lang gemolken, das ist jetzt vorbei“, strahlt der 31-jährige Steffen Gerdt, „das hat unseren Alltag grundlegend verändert.“
Auf jeden Fall hat die Automatisierung viel Arbeitszeit freigesetzt, die Steffen, Finja und Marco nun für das wichtigste Betriebsziel investieren: „Gesunde Kühe zu haben.“ Für Steffen ist die Gesundheit der Herde der Garant für die Zukunftsfähigkeit des Betriebes, bedeuten für ihn doch gesunde Kühe eine hohe Futterverwertung und damit hohe Milchleistung — bei zugleich langer Lebenszeit. Ganz abgesehen von geringen Tierarztkosten. Doch ist dieses Ziel angesichts der Maßgabe, dass eine Kuh eine Lebensleistung von 40.000 (!) Liter Milch erreichen soll, eine sportliche Herausforderung — für das Tier, aber auch für den Halter.
Luft nach oben bei der Fütterung
Diese Hochleistung ist nur abrufbar, wenn die Kuh ausreichend Futter (Trockenmasse) aufnimmt sowie ausgewogen und gesund ernährt wird. Und zwar konstant, was aber in manchen Situationen auf dem Betrieb in Gönnebek in der Vergangenheit nicht gelang, wie Steffen unumwunden zugibt. „Manchmal passierte es, dass bei uns die Milchleistung nach dem Öffnen einer neuen Silage plötzlich rapid abfiel“, merkt der Junglandwirt an. Er verweist auf die erheblichen Wetterkapriolen der letzten fünf Jahre, die ihm einige Male keine optimale Futterbergung bescherte.
Wie dem auch sei, er erkannte die Problematik und wusste: Es gab in der Fütterung Luft nach oben. Dabei kamen er und Finja mit den herkömmlichen Tipps der gängigen Fütterungsberatung nicht wirklich weiter, auch die Offizialberatung traf in Gönnebek nicht den Nerv. Was die lernbereiten Milchviehhalter brauchten, war eine Futterberatung, die sie als Betriebsleiter in die Lage versetzte, schnell auf abfallende Milchmengen reagieren zu können.
An dieser Stelle kam die Milchviehberatung Denise Völker aus Ahrensburg ins Spiel. Gegründet im Jahr 2020 haben die beiden Inhaberinnen Dr. Denise Völker und Astrid Stoffers sich mit ihrer Milchviehberatung neuen Typs inzwischen einen Namen in der Branche erarbeitet. Beide kamen aus der Beratungsarbeit und hatten schon viele Jahre Erfahrungen gesammelt. Dabei sind sie selten vor Ort auf den Höfen, in den Ställen — nein, ihre Beratung, ihr Know-how-Transfer funktioniert ausschließlich interaktiv-online. Ihr Büro befindet sich in einem neuen Gewerbegebiet in einem Neubau. 17 Mitarbeiterinnen sind mittlerweile beschäftigt. Sie sitzen an Arbeitsplätzen mit vielen Bildschirmen, an denen mit den Kundinnen und Kunden kommuniziert und im engen Dialog ein fokussierter und direkter Wissenstransfer geleistet wird. Wie auch mit Steffen, Finja und Marco in Gönnebek. „Der große Vorteil bei dieser digitalen Vermittlungsebene ist es ja, dass ich direkt aus den Gummistiefeln kommend mich vor dem Bildschirm setzen kann und die Probleme, die ich gerade aktuell im Stall habe, unmittelbar besprechen kann“, hebt Steffen hervor.
Bedingung ist Offenheit zum Lernen
Dafür braucht es, kein Zweifel, eine Affinität zum Digitalen und eine Vertrautheit mit der Online-Kommunikation. Aus diesem Grund sind die meisten Kunden im Alter von 20 bis 50 Jahren. Aber allein die digitale Nähe reiche nicht, wie Astrid Stoffers kritisch anmerkt. „Es muss auch die Offenheit zum Lernen vorhanden sein und überdies die Bereitschaft da sein, Arbeitszeit in den Know-how-Transfer zu investieren.“ Denise Völker fügt hinzu: „Wenn diese nicht da sein sollte und das registrieren wir in manchen Bewerbungsgesprächen, dann können die Landwirte bei uns auch nicht Beratungskunden werden“, stellt Denise Völker klar. Zu ihrem Kundenkreis gehören deshalb nur Landwirte, die ihren Job mit Herzblut ausüben, die mit ihren Tieren verbunden seien, unterstreichen die beiden Unternehmerinnen unisono. „Wir stellen nur das Wissen bereit, entscheidend ist aber am Ende die praktische Umsetzung in die tägliche Fütterung. Dies braucht Betriebsleiter, die im Laufe der Zeit ihr eigener, unabhängiger Futterberater werden wollen.“
Der Milchviehhalter muss es umsetzen
Dabei spielt beim interaktiven Wissenstransfer auch der didaktische Unterhaltungswert eine gewisse Rolle, um theoretisches Wissen nachhaltig in die Pansen der Kühe zu bringen. „Je mehr Freude wir mit unseren Wissensmodulen vermitteln, je authentischer, inspirierender und unkomplizierter und direkter wir auf die Fragen und Defizite der Landwirte eingehen können, desto interessanter wird natürlich unsere Dienstleistung für die meisten“, erklärt Astrid Stoffers selbstbewusst. Podcasts, Blog-Beiträge und Videoclips inbegriffen.
Die Beraterinnen bekommen ein gutes Feedback. In der deutschen Milchviehbranche, ist derzeit viel in Bewegung, viele wollen weiterwachsen und dabei ökologische und ökonomische Aspekte besser als bisher miteinander in Einklang bringen. Wenn dann digitale Beratung å la Völkers nach nur wenigen Wochen höhere Milchleistungen und gesündere Tiere hervorufen, umso besser. „Kaum Klauenprobleme, keine Leberschäden nach Abkalbungen, einfach weil die Tiere nun besser gefüttert worden sind“, freut sich Völker.
Welche Fütterungsthemen sind momentan auf den Milchviehbetrieben besonders virulent? Denise und Astrid schauen sich in die Augen. Dann listen sie einige Punkte auf: Schnittlänge des Strohs und der Silagen, das DCAB-Verhältnis, die Mischfuttertechnik, ausreichende Trockenmasseaufnahme, Wasserqualität und geeignete Kontrollmechanismen mittels Schüttel- und Kotbox. Die daraus gesiebten Fraktionen zeigen, ob das Verhältnis zwischen verdaubaren und nicht verdaubaren Bestandteilen stimmig ist. Alles zusammen auch Dinge, die auf dem Hof in Gönnebek eine große Rolle spielen.
Höhere Milchleistung durch interaktive Online-Beratung
Ein weiterer, immer wichtiger Aspekt ist das Thema Grundfutteranteil an der Gesamtration, der nach den Vorstellungen von Denise und Astrid, irgendwo bei 60 % liegen solle. „Unser Ziel ist es, dass die Tiere bei einer Leistung von 12.000 l, rund 25 kg Trockenmasse fressen und davon rund 17 kg aus dem Grundfutter sind.“ Apropos: Grundfutter. Das ist auch für Christian Schlüter aus der Gemeinde Schönkirchen, östlich von Kiel, ein ganz wichtiges Thema. So managt er die Bergung von Gras und Mais auf seinem Milchviehbetrieb mit eigenem Maschinenpark und eigener Mannschaft — „mit hoher Schlagkraft“. Auch er ist ein Milchviehhalter der neuen Generation, mit erst 30 Jahren ist er schon seit einigen Jahren Betriebsleiter eines Betriebes von 190 Milchkühen, die (noch) im Doppel-Zwölfer-Melkstand gemolken werden. „Ohne Melkroboter ist die Frage nach Personal immer ein entscheidener Faktor, aber ich bin in der guten Lage, dass meine Personalsituation richtig gut ist“, sagt Schlüter, der sowohl seinen Bruder als auch seine Schwester und zwei weitere Arbeitskräfte in Vollzeit angestellt hat. Schlüter ist Kunde von Denise Völker. „Ich stand im Jahr 2021 echt vor großen Herausforderungen, meine Kühe hatten Stoffwechselschwierigkeiten und große Klauenprobleme“, verrät Schlüter. „Dann habe ich mich bei Denise Völker beworben und mich im Strategiegespräch dazu entschieden, mich in die Fütterungsfragen richtig hineinzufräsen.“ Offenbar mit Erfolg: Nach zwei Jahren interaktiver Online-Beratungs- und Weiterbildungsarbeit sei die Milchleistung pro Kuh durchschnittlich um 1.500 kg gestiegen. Was für ein Sprung nach vorn! Allerdings ist diese Leistungssteigerung vielleicht auch von Nöten, um seinen Familienbetrieb langfristig weiterentwickeln zu können, sind doch die Milchpreise Ende des Jahres 2023 wieder unter 40 ct gerutscht. Dabei läge der Futterkostenanteil pro Liter Milch aktuell bei rund 20 ct, der Rest verteilt sich hauptsächlich auf Kapitaldienst, Energie- und Personalkosten.
Trotzdem ist Schlüter nicht bange um die Zukunft seines Betriebs. Dennoch sind aus seiner Sicht noch einige Veränderungen nötig. Dazu gehören neben mehr Digitalem und mehr Energieselbstversorgung auch neue Ansätze auf dem Acker. So will er mittelfristig seinen eigenen Fruchtwechsel von derzeit fünf Früchten (Raps, Weizen, Gerste, Ackerbohne und Mais) verbreitern. „Ich will langfristig nachhaltig Wirtschaften, ohne ökologisch zu sein“, sagt der konventionelle Landwirt. Sicher ist nur: Ohne gesunde Kühe und ohne optimale Fütterung ist dies nicht möglich.