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Einfach Füttern Blog

Kein Potenzial auf der Straße lassen

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Futtermittel: Kein Potenzial auf der Straße lassen – Interview mit Denise Völker

Katharina Heil in DLG-Mitteilungen April 2022

Der Krieg gegen die Ukraine lässt die Futtermittel- und Düngerkosten explodieren. Mancherorts sind Futtermittel schwerer zu beschaffen. Wie die Lage auf ihren Beratungsbetrieben ist und worauf es jetzt ankommt, haben wir Denise Völker gefragt.

Frau Dr. Völker, sind Ihre Beratungsbetriebe aktuell noch ausreichend mit (Kraft-)Futter versorgt?

Dadurch, dass unsere Beratungsbetriebe sowohl aus ganz Deutschland als auch Österreich und der Schweiz kommen, ist es sehr unterschiedlich. Teilweise war zwar von Knappheiten bei manchen Händlern die Rede, es sind aber bislang alle Betriebe beliefert worden. Die Frage war zum Teil nur, zu welchem Preis. Im ungünstigen Fall waren es schnell 10 bis 20 € mehr je dt Mais- oder Rapsschrot.
Was aktuell tatsächlich schwer oder gar nicht zu bekommen ist, sind manche Zusatzfuttermittel, wie beispielsweise Kaliumsorbat oder Propylenglykol.

Wie sieht es bei den GVO-freien Futtermitteln aus? Hier ist aktuell noch viel stärker die Rede davon, dass diese nicht ausreichend zur Verfügung stehen.

Der Großteil unserer Betriebe (60 bis 70%) füttert GVO-frei. Ich sehe aktuell keine Unterschiede, dass diese Betriebe mehr Probleme haben, Futter zu bekommen. Wir stolpern hauptsächlich über die hohen Preise.
Was schwierig verfügbar ist, sind Futtermittel mit Biozulassung. Die Biobetriebe kommen derzeit tatsächlich an das eine oder andere Futtermittel nicht heran – oder nur zu völlig utopischen Preisen, wenn beispielsweise ein Rapskuchen plötzlich 100 €/dt kosten soll.

Was raten Sie den Betrieben, wenn das Futter knapp wird?

Das ist sehr individuell. Generell ist natürlich ein Betrieb mit einer Hochleistungsherde weniger flexibel als einer, der zwischen 7500 und 9500 kg melkt. Für alle Betriebe gilt aber, dass sie sich über ihre Strategie klar werden müssen. Betriebe, die überlegen, das teure Kraftfutter zu kaufen, müssen genau rechnen und verschiedene Szenarien durchspielen. Dafür wäre es von Vorteil, wenn wir wüssten, wie lange diese Preise das neue Normal sein werden. Aber das kann leider keiner vorhersagen. Wichtig ist, sich anzuschauen, wie der Betrieb aufgestellt ist: Wie sind die Grundfutterqualitäten, welche Futtermittel werden eingesetzt und was ist kontraktiert. Viele unserer Betriebe haben noch gute Kontrakte in den nächsten Wochen laufen. Sie machen sich eher Sorgen, wie es ab Sommer aussieht, bezahlen aber derzeit noch die Hälfte der aktuellen Preise und können vorerst bequem weitermachen.

Wenn Betriebe vor der Entscheidung stehen, teures Futter zu kaufen oder den Kraftfuttereinsatz zu reduzieren und Milchmenge zu verlieren, welche Entscheidungshilfen nutzen Sie?

Wir legen ohnehin immer sehr viel Wert darauf, dass die Betriebe sich mit Futterselektion, Trockenmasseaufnahme und Fütterungscontrolling beschäftigen und versuchen, jede Stellschraube zu drehen. Mir ist es schon immer wichtig gewesen, dass die Betriebe kein Potenzial auf der Straße liegen lassen. In Zeiten wie diesen bekommt das natürlich noch mal einen höheren Stellenwert.
Darüber hinaus arbeiten wir viel mit dem Kennwert IOFC (Income over feedcosts, Einkommen nach Futterkosten). Allerdings sind dort die neuen Grundfutterkosten aus der Ernte 2022 noch nicht eingepreist. Allein durch gestiegene Mineral- und Kraftfutterpreise liegen die Futterkosten aktuell etwa 4 bis 6 Ct/kg Milch höher. Hier haben wir schon seit Dezember leicht steigende Kosten und in den letzten Wochen natürlich noch mal einen deutlichen Sprung. Nicht sind da die gestiegenen Dünger- und Dieselkosten. Daher brauchen die Landwirte aktuell auch einen höheren IOFC, um die laufenden Kosten in diesem Frühjahr zu decken. Und da die Betriebe auf gutes Grundfutter angewiesen sind, ist hier auch wenig Einsparpotenzial.

Verändern denn die Betriebe ihr Grundfuttermanagement im Hinblick auf die Düngung?

Unsere Betriebe sind mit Dünger soweit gut versorgt. Aber sicherlich wird genauer hingesehen, ob das letzte halbe kg Dünger nötig ist. Oder der Einsatz der Gülle wird zielgerichteter geplant und vielleicht noch eine zusätzliche Gülleuntersuchung gemacht, auf die man sonst verzichtet hätte, um an die aktuelle Düngeplanung heranzukommen. Aber das war auch in den anderen Jahren schon nützlich.

Sehen Sie langfristige Maßnahmen beim Grundfuttermanagement?

Es ist immer sinnvoll, das Vorgehen zu hinterfragen. Regelmäßiges Nachsäen, Kalken, Bodenprobenziehen und bedarfsgerechtes Düngen wird in der Regel schon gemacht. Aber es gibt auch immer wieder Betriebe, die zum Beispiel eine sehr hohe Flächenausstattung haben. Hier stellt sich manchmal schon die Frage, ob eine Reduktion der Flächen und dafür ein intensiveres Bewirtschaften nicht die bessere Strategie wäre. Die Betriebe hängen häufig an traditionellen und gewachsenen Strukturen fest und hinterfragen das manchmal zu wenig. Gerade auch in der Dürreperiode haben die Betriebe alle verfügbaren Flächen zugepachtet. Betriebe, die schon immer Futter zugekauft haben, waren da entspannter. Hier würde ich mir mehr unternehmerische Reflexion wünschen. Stattdessen wird häufig an alten Glaubenssätzen festgehalte.

Wie sieht es zum Beispiel mit dem Anbau von heimischen Leguminosen aus? Wäre das eine Option, unabhängiger von Importen zu werden?

Wenn Flächen zur Verfügung stehen, halte ich es schon für sinnvoll, damit ein wenig zu experimentieren. Allerdings habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass gerade im Hochleistungsbereich – bei 11000 bis 13000 kg Leistung – die Streuungsbreite der Qualitäten zu hoch ist. Man bekommt dann keine großen Mengen in die Ration, ohne dass es auf Kosten der Tiergesundheit geht. Bei Betrieben mit anderen Strategien kann es dagegen sehr gut funktionieren. Dann sollte man auf Versuchsflächen ausprobieren, was zum Standort und zum Betrieb passt. Nicht jeder Standort ist für die gleichen Pflanzen geeignet. Und meistens braucht es ja auch ein paar Jahre, bis man die nötigen Erfahrungen hat und die Qualitäten erreicht, die man in der Ration gut verwenden kann. Darüber hinaus brauchen die Betriebe auf jeden Fall eigene Untersuchungsergebnisse bezüglich der erreichten Rohproteingehalte. Mit den DLG-Standardwerten zu rechnen, reicht nicht aus.

Wie würden Sie die Stimmung auf den Betrieben beschreiben? Wir haben auf der einen Seite explodierende Kosten aber ja auch die Hoffnung, dass die Auszahlungspreise hinterherziehen.

Ich würde nicht sagen, dass die Stimmung schlecht ist. Natürlich ist es für die Betriebe eine Herausforderung, wenn Dinge angeblich nicht verfügbar sind und sie verschiedene Händler anrufen müssen, bis sie jemanden finden, der liefern kann. Aber ähnlich wie in der Dürre führt es auch dazu, dass die Betriebe sich unternehmerisch weiterentwickeln können. Und einigen meiner Betriebe macht diese Herausforderung sogar Spaß. Das mag auch daran liegen, dass unsere Beratungsbetriebe eher zukunftsorientiert sind.
Durch die gestiegenen Auszahlungspreise haben die Betriebe in den letzten Wochen mehr Umsatz gemacht. Sie wissen zwar, dass sie für Diesel, Dünger, Lohnunternehmer und Ähnliches wieder Geld ausgeben müssen, ganz nach dem Motto »pay to play«. Aber die Hoffnung ist natürlich, dass die Milch- und Fleischpreise auf so einem Niveau bleiben, dass die Landwirte auf lange Sicht höhere Gewinne erzielen können.

Können Sie noch einen Ausblick geben, wie es weitergehen wird?

Aktuell werden die Karten wieder neu gemischt und man muss sich unternehmerisch darauf einstellen. Aber wer ein gutes Controlling hat, seine Futterkosten kennt und den IOFC im Blick hat, einen Liquiditätsplan hat, den er selber führt und weiß, wie die Zahlen zustande kommen, dem kann aus meiner Sicht erst mal nicht so viel passieren. Wenn es dann doch zu Lieferengpässen kommt, muss man alternative Strategien entwickeln.

Viel Erfolg und gesunde Kühe!

Deine Denise

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