Mehr Milch mit der gut gepflegten Tiefbox? Podcast-Interview von Gusti Spötzl mit Dr. Denise Völker
Das Podcast-Interview führte Milchkuhhalter, Stallbauer und Podcaster Gusti Spötzl.
Hier gelangst du zu seiner Website: Nützliche Ideen und Tipps für den (Um-)Bau deines optimalen Stalls – Podcast (kuhstallbau.com)
In diesem zweiten Teil vom Interview spreche ich mit Dr. Denise Völker über den Liege- und Laufbereich der Kühe. Denise beschreibt, warum sie die Tiefbox favorisiert, wie der Laufgang beschaffen sein soll und was sie von Kraftfutterstationen im Stall hält.
Inhalte vom ersten Teil des Interviews:
- Milchmengenverlust bei rauem Futtertisch
- Sonne und Regen beim Außenfuttertisch
- Nackenrohr oder Fressgitter
- Hohe Leistungen und gute Tiergesundheit
- Stellschrauben für hohe Leistungen
- Selektion am Futtertisch
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Im 2. Teil geht es heute um:
- 2- oder 3-Reiher
- Tier-Fressplatzverhältnis
- automatischer Futteranschieber
- Laufgang
- Liegebox
- Tränken
- Meinung zu Kraftfutterstationen
- Hitzestress
Gusti: Wer einen neuen Stall baut, entscheidet, ob er einen 3/6-Reiher oder einen 2-Reiher baut. Sehr eng hängt damit das Verhältnis zwischen Fress- und Liegeplatz zusammen. Siehst du hier Vorteile von einem 2-Reiher?
Denise: Die Tiere wertschätzen einen 2-Reiher sehr. Es werden teilweise sogar 1-Reiher für Frischmelker gemacht, sodass sich die Tiere nur noch umdrehen müssen, um am Futtertisch zu stehen. Es ist tatsächlich etwas, was die Tiere sehr mögen. Man merkt sie sind viel ruhiger, die Futteraufnahme ist höher und sie sind belastbarer. Wenn man wirtschaftlich nicht auf das Geld achten müsste, würde ich immer mit einem 2-Reiher arbeiten. Für größere Betriebe stellt sich da oft nicht die Frage. Es ist gut zu wissen, dass es besser gehen würde, aber oft fehlt der wirtschaftliche Rahmen.
Gusti: Bei einem Roboterstall im 3-Reiher besteht oft das Tier-Fressplatzverhältnis von 1,5:1. Würdest du versuchen, einen zusätzlichen Futtertisch zu schaffen oder ist das Problem mit häufigem Anschieben gelöst?
Denise: Es ist ein Thema der Futterselektion. Wenn hier über 23 Stunden am Tag und die ganze Woche dieselbe Ration liegt und die Tiere nicht selektieren können, spielt es keine große Rolle. Wenn man das Problem hat, dass 80 % der Kühe nach dem Füttern zum Futtertisch wollen, wird man merken, dass man außen eigentlich noch Plätze braucht. Ich kann nicht feststellen, dass ich bei 1,5:1 nur noch 21 kg Trockenmasseaufnahme hätte, aber ich muss meine Futterselektion im Griff haben. In der Praxis zeigt sich, dass viel über Management ausgeglichen werden kann. Wenn viele andere Stressoren niedrig gehalten werden können, ist es weniger entscheidend.
Gusti: Manche Betriebe setzen auf einen automatischen Futteranschieber. Empfiehlst du den Einsatz für deine Betriebe?
Denise: Es gibt hier kein Schwarz oder Weiß. In den Momenten, in denen ich tagsüber nicht so regelmäßig im Stall bin, zeigt sich ein Vorteil. Die TMA ist dann stabiler. Wenn Betriebe schon 6-8 x zu festen Uhrzeiten anschieben, ist oft kein Effekt da. Darüber muss man sich im Klaren sein. Wir haben festgestellt, dass wir in der Nacht eine Futteranschiebepause brauchen und dadurch die TMA steigt. Hierdurch ist die Ruhepause ausgeprägter.
Gusti: Welche Art des automatischen Futteranschiebers empfiehlst du?
Denise: Hauptsache ist, dass der Techniker kommt. Es gibt für die verschiedenen Techniken verschiedene Argumente dafür und dagegen. Wichtiger ist, dass sich jemand darum kümmert.
Gusti: Wie muss für dich ein richtig guter Laufgang ausschauen?
Denise: Er muss auf jeden Fall trittsicher sein und es sollten keine Pfützen stehen. Die Kühe sollen hygienisch und sicher entlanglaufen. Selbstverständlich darf es keine Sackgassen geben. Ausweichmöglichkeiten sind zudem wichtig.
Gusti: Worauf achtest du in der Liegebox?
Denise: Ich bin für die Tiefbox. Als ich als Berater angefangen habe, hatte ich viele Betriebe mit Hochboxen. Dort haben sich die Kühe nicht schnell genug abgelegt. Wenn man gesehen hat, wie schnell sich die Kühe ablegen können, möchte man nur noch Tiefbuchten. Das ist so der entscheidende Punkt und hat auch Auswirkungen auf die Tiergesundheit und dadurch auf die Milchmenge. Es wirkt sich auch stark auf die Futteraufnahme aus. Es gibt den Mallorca-Effekt: Ich habe zwar rechnerisch für jede Kuh eine Liegebox, aber tatsächlich werden nicht alle Boxen gerne genutzt. Beispielsweise Regen oder Sonneneinstrahlung machen mehrere Boxen unattraktiv. Praktisch habe ich dann eine Überbelegung. Mallorca-Effekt bedeutet, die Kühe rennen nach dem Melken schnell in eine Liegebox, um sich einen guten Platz zu sichern und gehen nicht erst zum Fressen.
Kühe möchten dann auch in einer ebenen, gut eingestreuten Liegebox liegen. Kühe bekommen einen Muskelkater, wenn ewig nicht eingestreut wird. Nachdem dann irgendwann wieder eingestreut wurde, möchten die Kühe einfach nur liegen. Gleichzeitig wundere ich mich, dass die Kühe dann nicht zum Roboter laufen.
Gusti: Was hältst du von Kraftfutterstationen im Stall?
Denise: Polemisch gesagt: Man muss beim Stallbau darauf achten, dass man sie gut wieder abbauen kann. Wir sind totale Verfechter der Voll-TMR. Als einzige Ausnahme ist das Melken mit AMS, auch dort versuchen wir so nahe wie möglich an eine Voll-TMR heranzukommen. An sich gilt: Die Anordnung sollte andere Tiere so wenig wie möglich stressen. Ich habe schonmal Stationen gesehen, die waren außen am Laufhof, das haben die Tiere sehr genossen. In der Praxis ist es aber eher schwierig machbar. Mit Teil-TMR hat man große Herausforderungen mit der Klauengesundheit und auch der Leistungsverbesserung bei gleichbleibender Tiergesundheit.
Unser Prinzip ist, dass wir die Grundfutterleistung über bessere Grundfutterqualität steigern. Durch eine höhere Grundfutteraufnahme haben wir eine höhere Gesamtfutteraufnahme und erziehen die Kühe dazu, gleichmäßig zu fressen, damit die pH-Wert-Schwankungen niedrig sind. Externe Kraftfuttergaben führen immer dazu, dass sie lieber das Kraftfutter nehmen und nicht das gesunde Grundfutter. Es ist sehr schwierig, eine passende Kraftfutterkurve zu schaffen.
Gusti: Was sind erfolgreiche Maßnahmen gegen Hitzestress?
Denise: Die erfolgreichste Maßnahme ist, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Man muss beachten, welchen Stall und welche Lage man hat. Jeder Stall hat seine eigene Break-down-Phase. Der eine Stall hat 3 Tage, der andere Stall 14 Tage, bis er „bricht“. Das hängt stark mit der Ausgangslage zusammen. Hitzestress bedeutet alles über 15 °C. Ab dieser Temperatur muss man sich auch mit dem Thema Nacherwärmung beschäftigen. Neben der Ventilation ist die Belegungsdichte sehr entscheidend. Vor allem wenn Tiere bei einer hohen Belegdichte im Abkalbebereich und im Anfütterungsbereich sehr stark leiden. Diese kommen viel schlechter in Gang und werden auch schlechter tragend. Abkalbeblöcke im Juli können sich sehr negativ auswirken. Wenn man mit Wasser als Kühlung arbeitet, ist mir wichtig, dass man seinen THI im Blick hat. Wir sind hier nicht in Israel, durch hohe Luftfeuchtigkeit wird der Hitzestress noch schlimmer. Ventilation im Trockenstand darf man auch nicht vergessen.
Gusti: Gibt es zum Abschluss noch etwas, was du unseren Zuhörern und Lesern mitgeben möchtest?
Denise: Ich finde es immer ganz wichtig, dass man sich so viele Betriebe wie möglich anschaut. Bei dem Thema, für das man sich gerade interessiert, sollte man sich auch immer mit Betrieben unterhalten, die zum Beispiel die Futtertischbeschichtung schon einige Jahre im Einsatz haben. Das hilft immer am meisten.
Gusti: Vielen Dank für das spannende Interview!
Das Podcast-Interview führte Milchkuhhalter, Stallbauer und Podcaster Gusti Spötzl.
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