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Einfach Füttern Blog

Futter ist knapp

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Futter ist knapp - Interview mit Denise Völker in der DLG

Was Gras und Mais 2023 bringen, lässt sich nicht pauschal beantworten. In einigen Gebieten könnte das Futter wetterbedingt aber knapp werden. Wir haben Denise Völker gefragt, wie Sie reagieren können.

Frau Völker, die ersten beiden Grasschnitte sind mittlerweile in den Silos. Lässt sich schon etwas über die diesjährige Futterqualität sagen?

Denise: Bei den Betrieben, die wir beraten und die über ganz Deutschland bis hin nach Österreich verteilt liegen, sind in diesem Jahr die Ertrags- und Qualitätsunterschiede groß. Im Süden konnten die Landwirte durch die hohen Niederschläge im Frühjahr einen sehr späten ersten Schnitt machen. Vorher war die Befahrbarkeit nicht gegeben. Dadurch gibt es dort teilweise Energiedichten von deutlich unter 6 MJ NEL bei gleichzeitig hohen Erträgen. Im Norden war das Wetterfenster im April für die Silierung des Ackergrases und im Mai für den ersten Grasschnitt jeweils gut. So konnten teilweise Energiedichten von über 7 MJ NEL erreicht werden.

Und wie sieht es beim zweiten Schnitt aus?

Denise: Beim zweiten Schnitt waren die Herausforderungen — zumindest in einigen Regionen — größer, denn es gab durch die Trockenheit besonders im Süden Gebiete, in denen nur ein Pflegeschnitt möglich war. Die Strategie war dort häufig, kurz vor gemeldeten Niederschlägen den zweiten Schnitt in Ballen zu wickeln, damit sich danach das Gras bis zum nächsten Schnitt erholen kann.

Auch dem Mais fehlte bisher vielerorts der Regen …

Denise: Ja, das stimmt. Aber auch beim Mais waren die Gegebenheiten regional sehr unterschiedlich. Beispielsweise wissen einige unserer Kunden bereits jetzt, dass sie ihren Mais aufgrund der Trockenheit noch einmal umbrechen müssen. Das unterscheidet 2023 vom trockenen Jahr 2018 mit massivem Futtermangel, als das lange nicht klar war. Und nicht alle sind betroffen, denn in vielen Regionen gab es noch rechtzeitig ergiebige Regenfälle.

Wann sollten Landwirte über einen Grundfutterzukauf nachdenken?

Denise: In Regionen mit Wassermangel, bisher nur einem Grasschnitt und wenig Aussichten auf einen guten Folgeschnitt. Denn hier lässt sich nicht so einfach Futter in der Nähe zukaufen, weil es ja den Berufskollegen genauso wie einem selbst ergeht. Unter den Betrieben, die wir beraten, ist aber auch der eine oder andere, der Futter verkaufen würde. Die meisten pokern allerdings und warten erst die Preisentwicklung in den kommenden Wochen und Monaten ab. Wenn in einer nicht zu weit entfernt liegenden Region die Futtersituation besser ist, kann das Saftfuttermittel natürlich günstiger zugekauft werden. Man muss aber immer auch die Transport- kosten mit in die Kalkulation einrechnen.
Eine Herausforderung beim Management einer Hochleistungsherde ist es, zwei, drei Monate mit schlechterer Futterqualität zu überbrücken, um danach direkt wieder eine Leistungssteigerung zu erzielen, wenn z. B. im April 2024 Ackergras wieder verfügbar ist.

Mit welchen Kosten sollte ich kalkulieren?

Denise: Wir fragen monatlich die Futterkosten unserer Kunden ab und stellen immer wieder fest, wie groß die Unterschiede sind. Das ist natürlich auch abhängig davon, wie die Ration insgesamt aufgebaut ist. Leistungsschwankungen gehen zumeist mit Auswirkungen auf die Tlergesundheit einher. Die Folgen sind beispielsweise eine schlechtere Klauengesundheit oder Fruchtbarkeit und Tiere, die plötzlich statt 34 l nur 26 l Milch täglich geben. Die Landwirte sollten mit „spitzem“ Bleistift ausrechnen, wie sich das Einkommen nach Futterkosten verändert. Beispielsweise kostet dann die Tonne Mais mit 32 oder 34 % plötzlich nicht mehr durchschnittlich 50 €/t, sondern 67 €/t. Das lässt sich über die MiIcherträge gut prognostizieren. Bei mäßiger Silagequalität (z. B. ausschließlich weniger als 6,2 MJ NEL und 13 oder 14% XP) ist die Entscheidungsgrundlage anders, als wenn ich Ende April ein gutes Ackergras mit 16 oder 17% Rohprotein (XP) und 6,9 MJ NEL ins Silo gefahren habe. Um die Grundfutterqualität genau zu kennen, braucht man regelmäßige Analysen.
Ebenfalls ist zu überlegen, wann der Betrieb die guten Silageschnitte benötigt. Danach richtet sich die Reihenfolge: Füttere ich erst die gute oder erst die schlechte Silage oder verschneide ich lieber die beiden Qualitäten über den gesamten Zeitraum? Es macht keinen Spaß, drei oder vier Liter pro Kuh und Tag mehr zu melken, nur weil man für eine begrenzte Zeit die Ration durch gutes Kraftfutter aufgewertet hat, um dann wieder zurück auf „Los“ zu gehen und von vorne anzufangen.

Der erste Schnitt war – zumindest mengenmäßig – vielerorts in Ordnung. Der zweite Grasschnitt kann in etlichen Regionen nur als „Pflegeschnitt“ bezeichnet werden.

Wie bereiten sich Milcherzeuger vorbeugend auf Futterknappheiten vor?

Denise: Gerade in den vergangenen sechs Jahren waren die Wetterbedingungen extrem unterschiedlich. Die Landwirte haben sich in diesem Zeitraum auf jeden Fall unternehmerisch weiterentwickelt, besonders was die Entscheidungsfindung und den Umgang mit der Futterknappheit betrifft. Die Landwirte reagieren mittlerweile deutlich flexibler. Wer Futter zukaufen möchte, bemüht sich wirklich und kontaktiert bis zu 30 oder 40 Leute und nicht wie früher 2 oder 3. Es werden auch unterschiedliche Maschinenringe oder Börsen angefragt oder über Internet bzw. Social-Media-Anbieter Futter gesucht. Jeder muss vorher kalkulieren, wo seine Zahlungsbereitschaft liegt. Und das ist neben der gewünschten Milchleistung auch von der Rationsgestaltung abhängig. Auf dem Hochleistungslevel, auf dem unsere Kunden arbeiten, kann man nicht eine grenzenlos hohe Flexibilität seiner Herde erwarten. Auch deshalb sollten die Betriebe aufgeschlossener gegenüber neuen Futterkomponenten sein.
Hilfreich kann auch das Erstellen eines Futterplans sein, der alle vier bis fünf Wochen aktualisiert werden sollte. Darüber hinaus sollten sich die Betriebe überlegen, ob einige Schlachttiere vielleicht doch eher weg können und nicht bis zum Letzten ausgemästet werden müssen. Für das Jungvieh muss der Futterbedarf möglichst genau berechnet werden.
Wie viele Tiere sind für die Remontierung nötig? Hilfreich ist hier der Blick auf die vergangenen fünf Jahre. Es müssen auch nicht alle Färsen vor dem Verkauf erst noch auf dem Betrieb abkalben. Wenn klar ist, dass sie nicht für den eigenen Bestand benötigt werden, können die Tiere auch schon als tragende Färse den Betrieb verlassen.

Auch in diesem Jahr haben wieder viele Kühe mit Hitzestress zu kämpfen. Wie kann der Landwirt bei seiner Rationsplanung darauf eingehen?

Denise: Wir empfehlen, sich intensiv mit dem Fütterungscontrolling zu beschäftigen und nicht den Fokus zu verlieren. Wenn man sich als Betriebsleiter auch während der Sommermonate mit den Fütterungskennzahlen auseinandersetzt, merkt man rechtzeitig, wenn die Herdenmilchleistung zu kippen droht. Im Auge behalten werden sollten dafür die Kennzahlen zu Trockenmasseaufnahme, das Kotbild, Milchverluste, Tankdaten, Inhaltsstoffe und energiekorrigierte Milch. Früher oder später beginnt die sogenannte „Break down“-Phase, die je nach betrieblichen Voraussetzungen früher oder später beginnt. In einigen Herden geht es bereits nach zwei bis drei Tagen Hitze los, andere halten auch zehn Tage durch, bis sie merken, dass die Leistungszahlen der Herde nachgeben.
In der Ration gibt es unterschiedliche Punkte, um anzusetzen. Es sollte z. B. versucht werden, die Fasergehalte in den Rationen nicht unnötig hoch zu halten, wenn die Kühe die Ration gut fressen und die Trockenmasseaufnahme noch >23 kg pro
Kuh und Tag im Schnitt der melkenden liegt. Fällt die Leistung um 2 bis 3 kg pro Kuh, und nimmt die Herde nicht mehr die geforderte Menge an Futter auf, muss mehr Strukturfutter angeboten werden. Damit erhöht sich dann die Fasermasse im Pansen wieder. Das bedeutet, in den Phasen in einer solchen Hitzeperiode muss der Landwirt die Rationen an die jeweilige Situation ganz unterschiedlich anpassen und vor allem schnell reagieren.
Ebenfalls wichtig ist es, die Ration zu stabilisieren. Die Landwirte sagen zwar immer, die TMR auf dem Futtertisch werde nicht warm. Aber es macht für die Schmackhaftigkeit und die Nährstoffgehalte einen Unterschied, ob das Mittagessen bei 20 °C um 12 Uhr in der Küche steht oder ob es noch bis 20 Uhr im Kühlschrank bleibt. Das Futter sieht unterschiedlich aus und es riecht und schmeckt auch anders. Und trotz der dann schlechteren Qualität wird es noch gefressen und kann zu gesundheitlichen Problemen führen.

 

Die Fragen stellte Bianca Fuchs – DLG-Mitteilungen 8/2023

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