Für jeden Milchviehbetrieb ist es wichtig, sich seine eigenen Ziele zu setzen und zu erreichen. Darunter sollten sich auch immer Ziele für das zukünftige Herdenmanagement befinden. Damit die Ziele klar messbar und zu datieren sind, hilft es, den Ist- und Sollzustand genau zu beschreiben. Besonders für die Weiterentwicklung einer Herde sind die Daten der MLP-Auswertung sehr hilfreich, weil sie eine gute Übersicht bieten.
Laut DLQ* nehmen in Deutschland rund 48.000 Betriebe an der sogenannten Milchleistungsprüfung (MLP) teil und es werden 3,7 Mio. Kühe geprüft. Die MLP liefert dem Betrieb durch tierindividuell gezogene Milchproben wichtige Tiergesundheitsdaten. Anhand der Milchinhaltsstoffe lassen sich Nährstoffimbalancen in der Futterration schneller aufdecken und mithilfe der Zellzahlen kann die Eutergesundheit vor Ort gut eingeschätzt werden. Außerdem enthalten die Datensätze der Milchkontrolle wichtige Informationen zum Fruchtbarkeitsmanagement, den Abgangsraten und -gründen und es werden die Lebensleistungen der Einzeltiere zur Verfügung gestellt. Das sind nur einige Beispiele der verfügbaren Daten. In vielen Bundesländern stellen die Milchkontrollverbände gute Online-Auswertungsprogramme kostenlos zur Verfügung. Auch die kostenpflichtigen Herdenmanagementprogramme bieten sehr gute Auswertungsmöglichkeiten. So haben die Betriebe die Möglichkeit, sich ihre Daten direkt auf dem Handy anzuschauen und die Daten beim Stallrundgang „abzuarbeiten“.
Die Zeit – oft zu knapp
In der Praxis ergibt sich allerdings oft das Problem, dass Betriebsleiter oder Herdenmanager nicht immer ausreichend Zeit finden, sich intensiv die monatlichen anzuschauen und die richtigen Rückschlüsse daraus zu ziehen. Aus diesem Grund wird die Auswertung oft auch an Futterberater oder Tierärzte ausgelagert. Bei der Auswertung ist zu beachten, ob die Milchproben morgens und abends gezogen werden oder nur zu einer Melkzeit (alternierende Milchkontrolle). Nur wenn die auswertende Person diese Information hat, kann sie die Daten richtig interpretieren. Falls ein Betriebsleiter die MLP-Auswertung auslagert, ist es wichtig, diese Information stets dem Berater mitzuteilen.
Schwerpunkte setzen!
Egal wer am Ende die Milchkontrolldaten final für den Betrieb auswertet: wichtig ist, bei den Kennzahlen über den Tellerrand zu schauen. Auf vielen Betrieben ist in der Vergangenheit der wirtschaftliche Druck gestiegen. Es muss also alles rund laufen. Auch die besseren digitalen Vernetzungsmöglichkeiten (Internet, soziale Medien, Podcasts) führen zu mehr Wissen auf den Betrieben, wodurch der Anspruch automatisch steigt. Das Ziel sind gesunde und leistungsfähige Kühe, die möglichst alt werden. Wie gelange ich zu diesem Ziel? Natürlich sind es viele Stellschrauben auf einem Betrieb, die dafür betätigt werden müssen. Es geht um die Haltungsbedingungen, die Fütterung spielt eine große Rolle und das gesamte Herdenmanagement (u. a. Frischmelkerkontrolle, Fruchtbarkeits- und Klauenmanagement). Anhand der Milchkontrolle lassen sich zu all diesen Stellschrauben die passenden Stellschrauben finden. Um die Übersicht zu behalten, ist es wichtig, die MLP-Daten nach einem festen Schema auszuwerten und sich einen roten Faden zu erstellen. Zum Beispiel in Form einer eigenen Exceltabelle, die Monat für Monat fortgeführt wird und die wichtigsten Eckparameter enthält. Solch eine Übersicht hat zudem den Vorteil, dass das Bauchgefühl „ausgeschaltet“ wird. Viele Betriebe wundern sich im Sommer oft über sinkende Milchinhaltsstoffe und geringere Einsatzleistungen. Ein Blick in die Exceltabelle der letzten Jahre kann dabei helfen, die aktuelle Situation besser einzuschätzen. Hatte ich möglicherweise im letzten Jahr zwar 0,2 % Inhaltsstoffe, aber in diesem Jahr dafür 3 kg Milch pro Kuh und Tag mehr? Zudem ist es wichtig, dass der Melktagverlauf bekannt ist und die Daten immer vor dem richtigen Hintergrund interpretiert werden. 160 Melktage im Schnitt führen zu ganz anderen Ergebnissen in der Milchkontrolle als 215 Melktage. Die Milchinhaltsstoffe verschieben sich und das Risiko für Stoffwechselimbalancen (Fett-Eiweiß-Verhältnisse) sinkt mit zunehmenden Melktagen ab. Nimmt man „Google“ für die Auswertung zur Hand, so ergeben sich zu den sogenannten Fett-Eiweiß-Quotienten und zur Eutergesundheit sehr viele Datensätze, die jeder Betrieb für seine MLP-Auswertung verwenden kann. Im folgenden Absatz geht es deshalb um ein paar Eckparameter, die oft außerhalb der ersten Google-Suchergebnisse liegen. Dabei liegt der Fokus auf der Beurteilung der Gesamtherde.
Checkliste MLP: Ziel 10.500 kg pro Laktation
- Die Einsatzleistung (inkl. Färsen) sollte im Schnitt der ersten 40 Melktage bei mind. 36 kg liegen.
- Die Peakleistung der Kühe sollte bei mind. 42 kg liegen.
- Die Färsen sollten im Peak mind. 32 kg erreichen.
- Der Anteil der Erstkalbskühe sollte unter 27 % in der Herde liegen (ohne Aufstockung).
- Nicht mehr als 15 % der abgegangenen Tiere sollten Erstkalbskühe sein.
Welche Eckparameter sind für eine gute MLP-Auswertung notwendig?
Neben der Eutergesundheit und den bereits erwähnten Fett-Eiweiß-Quotienten spielen die Einsatzleistungen eine wichtige Rolle. Wie hoch liegen die aktuellen Einstiegsleistungen der Kühe im Schnitt der abgekalbten Tiere inklusive der Färsen? Dabei muss beachtet werden, ob die Mehrkalbinnen (Kühe ab dem dritten Kalb) tatsächlich mehr Milch geben als im Vorjahr. Ein Kilogramm mehr Einsatzleistung ergibt ca. 200 bis 250 kg Milch auf die gesamte Laktation. Wenn die Einsatzleistung zu niedrig liegt, muss zuerst die Trockensteherfütterung und -haltung genau unter die Lupe genommen werden. Wo gibt es Stellschrauben? Liegen die Trockenmasseaufnahmen über 15 kg TM/Tier? Stimmt die Wasserversorgung? Wie gut ist der Liegekomfort? Ein weiterer wichtiger Eckparameter in der monatlichen MLP ist die Peakleistung. Die Peakleistung sollte bei optimaler Rationsgestaltung deutlich über der Einsatzleistung liegen. In der Vergangenheit ging man oft davon aus, dass ein Eiweißmangel im Futter zu geringen Peakleistungen führt. Die Erfahrung aus der Beratungspraxis zeigt aber ganz klar, dass sich die meisten Probleme im Peak aus einer Energieunterversorgung ergeben. Oft stimmen die tatsächlichen Energiedichten oder die Trockenmasseaufnahmen nicht mit den Rationsberechnungen überein. Deshalb ist es wichtig, dass die Futteraufnahmen (Trockenmasse!) mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Bleibt die Ration – trotz guter Futteraufnahme (> 23 kg/Kuh und Tag) hinter den Erwartungen zurück, sollte eine TMR-Probe zur Analyse verschickt werden.
Alte Kühe = mehr Leistung
Hohe Milchleistungen lassen sich am einfachsten mit älteren Kühen ermelken. Aus diesem Grund können Herden mit geringer Remontierung (< 27 %) ihre Leistung nachhaltig und deutlich schneller steigern. Herden mit hohen Färsenanteilen (> 35 %) können ihre Leistungen kaum erhöhen, weil die Färsen nur 80 bis 90 % der Kuhleistung erreichen. Eine weitere wichtige Kennzahl sind die Melktage. Sie spiegeln die Fruchtbarkeitsleistung und immer häufiger auch die Besamungsstrategie einer Herde wider. Die Wissenschaft geht davon aus, dass zehn zusätzliche Melktage ca. 2-3 % Leistungseinbußen mit sich bringen. In der Praxis können Milchviehherden allerdings bei konstanter Fütterung guter Grundfutterqualitäten ihre Milchmenge lange halten bzw. oft noch steigern, wenn die Melktage ansteigen. Es gibt deshalb auch Betriebe mit über 200 Melktagen, die noch 34 kg Milch und mehr ermelken (bei zweimaligem Melken und einfacher Rationsgestaltung). Bei schlechten Grundfutterqualitäten sinken die Leistungen hingegen überproportional stark ab. Anstehende Grundfutterwechsel bzw. die Grundfuttersituation allgemein muss deshalb bei einer Verlängerung der freiwilligen Wartezeit immer mitberücksichtigt werden. Um abschätzen zu können, ob und wie sich durchgeführte Maßnahmen im Bereich der Fütterung oder des Herdenmanagements auf die Laktationsleistungen auswirken, sollten stets die aktuellen Laktationsleistungen mit betrachtet werden. Der gleitende 12-Monats-Schnitt (auf den meisten MLP-Auswertungen zuerst ausgewiesen) gibt keinen Aufschluss darüber, wie gut es aktuell läuft und ob sich in der Herde beispielsweise durch eine Futterumstellung etwas ungünstig verschiebt. In einem Auswertungsprogramm (z. B. von dspagrosoft) ist es möglich, sich den Schnitt und die Inhaltsstoffe für die gewünschten Zeiträume und auch aktuelle Monate für Färsen, Zweitkalbinnen und Mehrkalbinnen anzeigen zu lassen (Abbildung).
Fazit
Eine MLP-Auswertung sollte immer zielorientiert durchgeführt werden. Das erfolgt am besten mithilfe einer mehrmonatigen bzw. mehrjährigen Übersicht, die die wichtigsten Eckparameter enthält. Dabei darf man sich nicht mit zu vielen Parametern verzetteln – maximal zehn bis 15. Nur mit einer guten Übersicht – dem roten Faden – weiß man, an welchem Punkt man gerade steht und wo es noch Entwicklungspotenzial gibt. Neue Ziele lassen sich mit dem Team erarbeiten und können schneller erreicht werden.
Viel Erfolg bei deiner MLP-Auswertung und gesunde Kühe!
Deine Denise